Nach dem Interview mit Veit Wolpert muss man sich besorgt fragen, ob denn der FDP-Fraktionschef Wolpert seine Parteimitglieder und sein eigenes Parteiprogramm gar nicht kennt, auf die Vergesslichkeit der Menschen baut – oder nur die Leser seines Interviews hinters Licht führen möchte? Lauthals hatte sein Parteivorsitzender Westerwelle behauptet, dass das Milliarden-Steuergeschenk für die Hotelbesitzer “auf früheren FDP-Parteitagen beschlossen und seit Jahr und Tag politisches Ziel der FDP” war. Nun sagt Herr Wolpert, dass sei “nicht das Baby der FDP”? “Sparen” will Herr Wolpert auch – nur wo? Guido Westerwelle hat doch gerade verkündet, nun die Milliarden, die – ohne Verdienst der FDP – weniger an neuen Schulden aufgenommen werden müssen, gleich wieder dem Klientel der FDP als Steuergeschenk zu offerieren. “Den Bürgern bleibt mehr vom Lohn”, stellt der FDP-Fraktionschef fest und vergisst wohl, dass seine CDU/FDP-Bundesregierung die Beiträge für die Kranken- und Arbeitslosenversicherung anheben wird, dass etliche Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben, die sein Parteifreund Rösler als Gesundheitsminister sogar unbegrenzt für die zahlenden Versicherten steigen lassen möchte? Mathematisch ist das ziemlich eindeutig: Ich nenne dies “Weniger in der Tasche haben”. Und das werden wohl auch die Rentner sagen, die – wenn sich Wolperts Parteifreund Wirtschaftsminister Brüderle durchsetzt – auf ihre Rentengarantie, die noch SPD-Arbeitsminister Olaf Scholz eingeführt hat, verzichten “dürfen”. Und selbst, was seine Landesvorsitzende Cornelia Pieper so zu tun hat, scheint Herr Wolpert nicht genau zu wissen: Als Staatsministerin im Außenministerium beschäftigt sie sich nämlich nicht “mit bundespolitischen Themen”, wie Herr Wolpert meint, sondern (hoffentlich) mit außenpolitischen Problemen.
Ralf Mattern, Wernigerode