“Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie Du den Schmerz” – ist einer jener immergültigen Sprüche aus Omas Zeiten, den die Befürworter von der Zuschaustellung von Wildtieren im Zirkus, die dort für das finanzielle Wohlbefinden ihrer Besitzer abnorme “Kunststücke” zu erleiden haben, wohl nie verinnerlichen werden. Selbst Kindergartenkinder wissen, dass Löwen in freier Wildbahn nicht in einem 15 Quadratmeter kleinen Pferch hinter Gittern ihr Leben fristen und auch nicht auf gutes Zureden in der Serengeti durch Feuerreifen springen. Wenn (Wild)Tiere zu so etwas gezwungen (oder “dressiert”) werden, nennt man dies nunmal nicht “artgemäß”, sondern “artfremd” oder deutlicher: Tierquälerei. Und wenn der Sektionsleiter der “Circusfreunde in Magdeburg” dies in Abrede stellen und damit dem Zirkus eine “artgerechte Haltung von Wildtieren” unterstellen will, ist an der Ernsthaftigkeit seines Anliegens zu zweifeln. Da sich die Zirkusidee nach seinen Aussagen nur über die “Dressur” von (Wild)Tieren definieren kann (was, wie etliche First-Class-Zirkusunternehmen mit schier unglaublichen artistischen Meisterleistungen ohne Tier”dressuren” längst erfolgreich widerlegen), ist diese Art von Zirkus dann eben zum Glück ein auslaufendes Geschäftsmodell zur Volksbelustigung – wie die Hexenverbrennung oder der Stier”kampf” in Spanien. Und wenn vom “Sektionsleiter der Circusfreunde” ausgerechnet Willy Hagenbeck als “Säulenheiliger der humanen Dressur” (ist es nicht eher eine tierische Dressur?) gelobpreist wird, ist zu fragen: Muss man denn wirklich betonen, dass wir nicht mehr im 19. Jahrhundert zu Hagenbecks Zeiten leben, als die Fotographie noch in den Kinderschuhen steckte? Heute besitzen auch finanziell weniger Potente ein Fernsehgerät, das es – je nach Bildschirmdiagonale – erlaubt, Wildtiere quasi in Originalgröße und demnächst in 3-D-Format auf zwei Meter Abstand zu sehen – und im Zweifel sogar noch etwas über deren Lebensweise in freier Natur (!) erfahren lässt. Wer sich an dem “Handstand” eines Elefanten oder Schwarzbären mit Puschel auf dem Kopf erfreut, mag ein kurioses Verständnis von Unterhaltung haben, ist aber letztlich nicht konsequent, denn: Dann sollte der “Zirkusfreund” auch das Panoptikum zurückfordern, in dem Menschen mit körperlichen Gebrechen ausgestellt worden sind. Und um letzte Zweifel der “Circusfreunde Magdeburg” zu zerstreuen: Das hier Geschriebene gilt selbstverständlich nicht nur für den Zirkus, sondern auch für Tier”parks” und Zoos mit kommerziellem Interesse.
Ralf Mattern, Wernigerode