Richtigstellung / Reaktion auf den Leserbrief von Dr. Eckhard Altmann, Halberstadt, 26.7.2011

Da wirft doch der Leserbriefautor in seinem veröffentlichten Statement anderen Leserbriefschreibern die zur “grünen” Gentechnik eine kritische Auffassung haben, „Mangel an Wissen“ vor. Es lohnt sich einmal die Thesen und Behauptungen des laut seinem Absender immerhin promovierten Leserbriefschreibers zu überprüfen.

Zunächst behauptete er einfach, dass Joschka Fischer als hessischer Umweltminister „einst“ die künstliche Produktion von Insulin in Deutschland verbot. Das stimmt schlechterdings nicht. Und: Mit dem zuvor diskutierten Thema „Grüne“ Gentechnik hat das alles auch nichts zu tun.

Es wirkt befremdlich, wenn Befürworter der „Grünen“ Gentechnik wieder einmal mit Halb- und Unwahrheiten für ihre Ideen eintreten – und mir stellt sich die Frage, ob dies Zufall, einfach nur Unwissenheit oder in der Gentech-Lobby üblich ist.

Gleichwohl seien hier die Fakten genannt, die auch der Leserbriefschreiber bei einiger Recherche hätte wissen können: Joschka Fischer hat nicht die Produktion von Insulin durch die Firma Hoechst verboten. Die Inbetriebnahme der fertigen Insulin-Anlage in Frankfurt am Main war 1986 schlicht nicht genehmigungsfähig. Übrigens: Noch nicht einmal in der Regierungszeit von CDU und FDP in Hessen in den Jahren 1987 bis 1991 konnte eine Genehmigung erteilt werden. Ein Rechtsstreit entbrannte und der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) entschied 1989 gegen Hoechst. Am 1. Juli 1990 trat dann das Gentechnikgesetz (GenTG) in Kraft. Da nun eine Rechtsgrundlage bestand, hob der Hessische VGH seine frühere Entscheidung gegen Hoechst auf. Am 4. Januar 1993 begann der Versuchsbetrieb mit behördlichen Auflagen. Am 16. März 1998 ging die künstliche Insulinproduktion in Betrieb.

Und auch die Behauptung des Leserbriefschreibers, dass in Deutschland alles Insulin aus Frankreich importiert werden muss ist schlicht falsch. Die (mittlerweile vielfach erweiterten) Anlagen zur künstlichen Insulinproduktion der aus der Firma Hoechst hervorgegangenen Firma (jetzt: Sanofi-) Aventis stehen nicht in FrankREICH – sondern im Industriepark FrankFURT am Main-Höchst und gelten nach Unternehmensangaben als weltweit größter Produktionsstandort für Insulin.

Der Leserbriefautor behauptete weiter, dass „75% der Agrarflächen in der übrigen Welt“ mit genverändertem Saatgut bestellt sind. Dies grenzt schon an Unsinn. Der „Focus“ berichtete am 26.10.2009, dass auf 8% der globalen Agrarflächen gentechnisch veränderte Pflanzen wachsen (übrigens 90% davon gehören patentrechtlich dem Konzern Monsanto). Bei „wikipedia“ ist zu lesen, dass aktuell 10,7% des zurzeit weltweit nutzbaren Ackerlandes für den GVO-Anbau genutzt werden.

Desweiteren behauptete der Leserbriefautor, dass Deutschland 40% seines Lebensmittelbedarfes importiert. Woher stammt denn eine solche Zahl? Der „Deutsche Bauernverband“ stellt in seinem „Situationsbericht 2011“ fest: Mit einem geschätzten Exportwert von knapp 54 Milliarden Euro (einschl. Zuschätzungen) erreicht der deutsche Agrarexport in 2010 einen neuen Rekordwert. Bei den Agrarimporten wird die Zunahme gegenüber dem Vorjahr um knapp 7 Prozent auf rund 60 Milliarden Euro geschätzt. Der Importüberschuss verringert sich somit auf rund 6 Milliarden Euro.“ Die Zahl von 40% erscheint nirgendwo. Oder bezieht sich diese Zahl auf den Import von Südfrüchten?

Dann glaubt der Leserbriefautor zu wissen, dass „aller Käse, den man in Deutschland kauft, aus gentechnisch veränderten Bakterien“, besteht. Das ist ebenso falsch. In zertifiziertem Bio-Käse ist Lab, das mit Hilfe gentechnisch veränderter Bakterien erzeugt wurde, verboten. Selbst optimistische Schätzungen der Gentechniklobby von „Transgen.de“ gehen von „nur“ 75% Marktanteil aus. Wie es um den Wahrheitsgehalt seiner Behauptung, dass damit ohnehin „jeder in fast 90% seiner Lebensmittel gentechnisch veränderte Substanzen isst“, steht, muss damit sicher auch nicht weiter beleuchtet werden. (Quellen: Focus, FAZ, Wikipedia, Sanofi-Aventis-Homepage, Transgen-Forum, Deutscher Bauernverband-Homepage).

Wenn man sich – wie der promovierte Leserbriefschreiber es tat – mit einem solchen Thema öffentlich zu Wort meldet, sollte man wenigstens die Fakten kennen. Angesichts seiner fehlenden Kenntnisse anderen „Mangel an Wissen“ vorzuwerfen, wie er dies in seinem Leserbrief tat – das ist dann wahrlich dreist!

Ralf Mattern, Wernigerode

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