Die Wernigeröder SPD diskutierte vor einigen Tagen über die Wohnungs- und Hausbausituation in Wernigerode und seinen Ortsteilen. Stadtplaner Michael Zagrodnik war als Referent eingeladen und berichtete über die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung und die daraus entstehenden Konsequenzen. „2030 sind ein Drittel aller Wernigeröder älter als 65“, informiert Zagrodnik. „Damit müssen ganz neue Voraussetzungen an den Wohnungsbau geknüpft werden.“
Auf die Frage, ob die kommunale Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft (GWW) auf diese Entwicklung gut vorbereitet sei, antwortete die Geschäftsführerin Kirsten Fichtner mit einem klaren ja. „In den letzten Jahren haben wir unseren Bestand fit gemacht und zahlreiche Wohnblöcke saniert sowie vor allem die Grundrisse den heutigen Bedürfnissen angepasst“, erklärt Fichtner. Ebenfalls sehe sie beim zweiten an diesem Abend angesprochenen Problems des Wohnungsmangels gut gerüstet. „Wir können zahlreiche leerstehende Wohnungen für Suchende zur Verfügung stellen.“
Jedoch äußerte der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Karsten Barner Bedenken dazu. Seiner Meinung nach gibt es einen dringenden Bedarf an 4- oder 5-Raumwohnungen für junge Familien mit mittlerem Einkommen. „Man müsse sich nur in den einschlägigen Immobilienportale erkundigen, um diesen Mangel an großen Wohnungen festzustellen.“ Der Vermutung, dass die gewerbliche Nutzung von zahlreichen Wohnungen durch Ferienwohnungen die Situation verschärfen würde, erklärte Zagrodnik eine klare Absage. „Nur 5% der Innenstadtwohnungen werden nach einer Erhebung als Ferienwohnungen genutzt. Dies ist in Anbetracht des derzeitigen Leerstands im Zentrum ein sehr geringer Anteil und steht im Einklang mit unserem Innenstadt-Konzept“, so der Stadtplaner. „Die Ferienwohnungsproblematik ist eher ein gefühltes als ein tatsächliches Problem.“
Auf Nachfrage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Kevin Müller, der die Veranstaltung moderierte, wie hoch der Bedarf nach Bauland sei, antwortete Zagrodnik gelassen. „Derzeit werden sowohl in der Kernstadt als auch in den Ortsteilen nach Lücken gesucht, die für den Ein- und Mehrfamilienhausbau geeignet sind“, informiert Zagrodnik. Bereits in den zurückliegenden Jahren sei man in diesem Bereich nicht untätig gewesen. „Die derzeitige Lückenbebauung findet in der Regel an schwierigen Ortslagen statt, wo oftmals teure Luxuswohnungen entstehen, wie beispielsweise am Lindenberg oder der Sennhütte“, gibt Müller zu Bedenken. „Nicht einmal für den normalen Geldbeutel ist dort etwas zu finden.“ Für ein neues größeres Wohngebiet ähnlich der Charlottenlust muss jedoch zu allererst der Flächennutzungsplan geändert werden. An Änderungsvorschlägen wird bereits jetzt im Stadtplanungsamt gearbeitet, jedoch ist erst 2023 mit einem geänderten Flächennutzungsplan zu rechnen.
Auch wenn die Perspektive etwas düster erscheint, die Wernigeröder SPD hat mit dem Themengebiet „Gutes Wohnen“ einen Schwerpunkt in ihrem Arbeitsprogramm für die kommenden Jahre gesetzt. „Wir werden auf der Bereitstellung von zusätzlichen Flächen für den privaten Wohnungs- und Hausbau beharren!“ wie der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Karsten Barner mitteilt.