Völlig Recht hat die Kommentatorin, wenn sie fragt, wie sich wohl die Tiere im Wild“park“ Christianental fühlen. Dort kann man, wenn man der Homepage des Wildtier“geheges“ glauben darf, „aus nächster Nähe Tiere bestaunen, die man sonst in den Wäldern nur noch selten oder gar nicht zu Gesicht bekommt“. Ob das nun auch für Wildschwein, Fuchs, Eichhörnchen, Rabe oder Rotwild gilt, die man zum Teil sogar im Lustgarten, der Charlottenlust, aber auf jeden Fall in allen Waldrandlagen unserer Stadt beobachten kann, gilt, sei dahin gestellt. Warum kann man denn aber z.B. Wildkatze, Luchs & Co. nicht in den „Wäldern bestaunen“? Vielleicht, weil sie nicht die Nähe des Menschen suchen? Dem sind sie hingegen im Wild“park“ völlig ausgeliefert. Apathisch herumliegend, Unterschlupf suchend oder wirr umherrennend haben sich die (Flucht)Tiere von den vor den engmaschigen Gittern stehenden Besuchern (mit der entsprechenden Geräuschkulisse) anstarren zu lassen (siehe Fotos auf der Homepage des Wild“parks“). Während die Käfighaltung von Hühnern mittlerweile gesellschaftlich geächtet ist, wird die Käfighaltung von Wildtieren, deren Instinkt naturgemäß einen viel größeren Bewegungsspielraum erfordert als der eines Huhnes, zur Bespaßung des Publikums weiterhin toleriert. Aus meiner Sicht ist die aus dem vorletzten Jahrhundert stammende Tierparkidee ohnehin auf den ethische Grundgedanken vom Respekt vor den Mitgeschöpfen und ganz banal auf Verträglichkeit mit dem Tierschutz zu hinterfragen. Bei dieser Kritik an der Käfighaltung und Präsentation von Wildtieren im Christianental soll uneingeschränkt lobend erwähnt werden, dass man sich dort auch um verletzte Wildtiere mit dem Ziel der Auswilderung kümmert. Dies ist genauso unterstützenswert, wie das Haustier- und Streichelgehege. Hier würde ich mir eine Substitution wünschen: Weniger von den 400 Wildtieren, dafür mehr (auch hiesige) Haustiere, und zwar insbesondere von Tierrassen, die es (hier) früher mal gab und deren Existenz heute bedroht ist, weil sie von der „industriellen Tierproduktion“ durch hochgezüchtete „Nutz“tiere ersetzt wurden. Übrigens: Unserer Stadt gelingt es ja, immer neue touristische Highlights zu schaffen. Wild“parks“ gibt es in der Umgegend genügend – eine Arche für frühere (Harzer) Haustiere ist mir (bis auf die Herde des Roten Höhenviehs des Brockenbauer Uwe Thielecke) nicht bekannt.
Ralf Mattern, Wernigerode