November 1903: Stadtverordnetetenwahlen
In einer Parteiversammlung am 6. November 1903 sagte Albert Bartels daß als die Kandidaten für die Stadtverordnetenwahlen seitens der Arbeiter und der Partei nur Männer in Frage kommen könnten, die im Stande sind nüchtern, kühl und sachlich alle Dinge zu betrachten, sich nur von sachlichsten Gesichtspunkten leiten zu lassen, weil es sich bei der Behandlung aller Fragen in der Gemeinde nicht um solche für eine bestimmte Klasse oder Interessengruppe, sondern um das allgemeine Wohl aller Bürger der Stadt und ihrer Fortentwicklung handelt. Mitarbeit in der Gemeinde ist keine Nuringegenwartsarbeit, sondern auch eine solche für kommende Geschlechter, die die Überlegungen der Altvorderen aus der geschichtlichen Entwicklung prüfen und betrachten und zu keiner Verurteilung kommen dürfen.
Am 7.11. 1903 berichtete das “Wernigeröder Tageblatt” über die bevorstehenden Stadtverordnetenwahlen für einen Teil der Stadtverordnetenversammlung wie folgt weiter von jener Parteiversammlung: In der am Sonnabend im “Volksgarten” stattgefundenen Versammlung zur Stadtverordnetenwahl gab Herr Stadtverordneter A. Bartels zunächst einen Bericht über seine 6jährige Tätigkeit als solche-. Er wies darauf hin, daß man es allen Menschen nicht recht machen könne, er habe sich lediglich von seiner Ueberzeugung leiten lassen, unbekümmert darum, ob er nach oben oder nach unten Anerkennung finde. … Neu in seinen Ausführungen war wohl die Ansicht, daß man, bevor mit der Neupflasterung der Straßen fortgefahren würde, noch einmal eingehend die Frage der Kanalisation erörtert werden müsse. Da sich die Neubauten in den Vorstädten fortwährend vermehrten, sei auch die Frage der Entwässerung dieser Stadtteile eine brennende. Die Stadt würde, wenn sie sich nicht freiwillig dieser Aufgabe entledige, jedenfalls durch die Regierung dazu gezwungen werden, eine Kanalisation anzulegen. Da wäre es denn notwendig, schon jetzt – ehe man noch mehr Straßen pflastere, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Auf Anfrage des Versammlungsleiters Herrn Niewerth erklärte man sich mit der Tätigkeit des Referenten als Stadtverordneter voll und ganz einverstanden. Nachdem noch als Kandidaten die Herren Stadtverordneter A. Bartels, Maurer Gottlieb Hahne und Zimmermann Friedrich Gerecke gewählt waren, erfolgte um 11 Uhr der Schluß der Versammlung. Am Tag der Wahl wurde auch bereits das Wahlergebnis veröffentlicht. Demnach waren die Wernigeröder Sozialdemokraten nunmehr zu dritt in der Stadtverordnetenversammlung. Albert Bartels erhielt 183 Stimmen, Friedrich Gerecke 161 und Gottlieb Hahne 158 Stimmen. Alle drei kandidierten in der dritten Wahlabteilung, für die Wähler zugelassen waren, die weniger als 193 Mark und 55 Pfennig jährlich an Steuern zahlten (für die 2. Wahlabteilung waren Steuerzahler zugelassen, die zwischen 193,55 Mark und 620,40 Mark jährlich Steuern entrichteten, für die erste Abteilung die Steuerzahler oberhalb von 620,40 Mark jährlicher Steuer).
30. August 1906: Aus einem Polizeibericht
Der Polizeibericht zu einer SPD-Versammlung am 30.08.1906 lautete wie folgt: Bericht.
Die Versammlung hat stattgefunden und ist von mir überwacht. Dieselbe war von 40 männlichen und 2 weiblichen Personen besucht und wurde vom Einberufer um 9 Uhr eröffnet. Jedem Eintretendem wurde je ein Exemplar des beigefügten Flugblattes und Aufnahmescheines verabfolgt. Nachdem der Einberufer sein Bedauern über den schlechten Besuch der Versammlung ausgesprochen hatte, wurde das Büreau gewählt und zwar als erster Vorsitzender Zigarrenmacher Salzwedel, als zweiter der Zigarrenmacher Bock und als Schriftführer der Maurer Schrader.
Hierauf erteilte der Vorsitzende dem Redakteur der Märkischen Volksstimme, Plottke aus Forst, das Wort. Dieser hielt einen einstündigen Vortrag über die Schädlichkeit des Alkohols. Er versuchte durch Zahlen, die hohen Prozente, der in der Trunkenheit begangenen Verbrechen und Vergehen nachzuweisen. Im großen und ganzen glich der Vortrage dem Inhalt des Flugblattes.
In der Diskussion sprachen der Arbeiter Mayhack und der Zigarrenmacher Salzwedel. Beide stimmten den Ausführungen des Referenten zu und sprachen ebenfalls gegen den Genuß des Alkohols.
Zum Schluß forderte der Einberufer die Anwesenden auf, wer sich dem Deutschen-Arbeiter-Abstinenten-Bunde anschließen wolle, der solle den ausgegebenen Aufnahme-Schein ausfüllen und bei ihm zum Absenden nach Berlin abgeben. Soviel ich beobachtet habe ist dieses von keinem der Anwesenden geschehen. Auch wurde noch zum Kauf von Büchern, welche der Referent mitgebracht und deren Inhalt den Alkoholgenuß betraf, aufgefordert.
Schluß 11 Uhr.
Försterling
Pol. Sergt.
1908
Im Jahr 1908 beschloss die Stadtverordnetenversammlung auf Antrag der Sozialdemokaten 6.000 Mark zur Unterstützung erwerbsloser Arbeiter zur Verfügung zu stellen, ohne dass die zu zahlende Unterstützung als Armenstützung angesehen werden sollte, was eine politische Entrechtung nach damaliger Gesetzeslage für die Betroffenen zur Folge gehabt hätte – nämlich die Nichtteilnahme an den Wahlen.