SPD-Bürgerstammtisch im September 2009

Dr. Serge Embacher“Demokratie! Nein danke? – Warum so viele Leute nicht wählen gehen”
Die Wernigeröder SPD hatte zum öffentlichen Bürgerstammtisch mit Dr. Serge Embacher einen bekannten Publizisten, Dozenten und Autor eingeladen. Der Berliner Wissenschaftler referierte zum Thema „Demokratie! Nein danke? – Warum so viele Leute nicht wählen gehen“ und präsentierte neueste Zahlen zur Demokratieforschung. „Viele Bürger können ihre Ansprüche an die Demokratie und ihr Empfinden über die Wirklichkeit nicht überein bringen“, fasste Dr. Embacher zusammen. Insbesondere zu Zeiten einer großen Koalition, „in der die jeweiligen politischen Partner stets auch die Auffassungen des eigentlich politischen Gegners vertreten müssen, kommt es zum Unmut des eigenen Wählerklientels. In einer solchen Konstellation fällt dann besonders auf, dass das Wahlprogramm von vor der Wahl mit dem Koalitionspartner nicht eins zu eins umgesetzt werden kann, was viele als ‚Wahllüge’ begreifen“, so der Referent. Hinzu komme, dass natürlich auch in der Politik Fehler gemacht werden, „davor ist auch meine Partei, die SPD nicht gefeit“, verwies Dr. Embacher auf die unter der Rot-Grünen Bundesregierung ermöglichten und heute umstrittenen Hedge-Fonds, „die im berechtigten Willen, den deutschen Finanzmarkt zu stärken und damit Arbeitsplätze zu sichern“ rechtlich zugelassen wurden. „Dumm ist nur, wer Fehler nicht zugibt – das merken die Menschen“, verwies der Referent auch auf die Aussage von Altkanzler Gerhard Schröder, der die Hartz-Gesetzgebung selbst als „nicht in Stein gemeißelte 10 Gebote“ einer „Veränderung an den Stellschrauben“ empfiehlt. In der sehr regen anschließenden Diskussion, die das vorgesehene Ende der Veranstaltung um eine halbe Stunde verlängerte, verlangte zunächst Avery Kolle „griffige Losungen, die politische Inhalte wiedergeben, damit die Leute sie verstehen“. Dem widersprach Ludwig Hoffmann: „Komplizierte Sachverhalte in der heutigen Politik kann man nicht in einer Überschrift erklären, man muss sich schon selbst bemühen, Zusammenhänge zu begreifen.“ Moderator Siegfried Siegel wies in einem Rückblick auf „die hochpolitische Wendezeit 1990“ darauf hin, dass „selbst damals, als wir eine neue Verfassung für das sich einigende Deutschland diskutierten, dies nur sieben Leute in Wernigerode interessiert hat. Es muss auch einen Willen geben, sich selbst einbringen zu wollen.“ Als Dr. Embacher erfuhr, dass der Bürgerstammtisch der Wernigeröder Sozialdemokraten nunmehr seit fast 20 Jahren die einzige regelmäßige öffentliche politische Veranstaltung in der Harzstadt ist, lobte er seine Harzer Genossen: „Das ist gelebte Demokratie.“

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