Auswirkungen des Mindestlohns auf den Arbeitsmarkt noch nicht genau absehbar

Seit dem 1.1.2015 ist er für (fast) alle Branchen verbindlich: Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 €. Von einigen Wirtschaftskreisen als Arbeitsplatzvernichter und bürokratisches Monstrum verteufelt, lassen sich nun 3 Monate nach dessen Einführung erste Rückschlüsse über dessen Einfluss auf den Arbeitsmarkt ziehen, die diese Annahmen widerlegen.

 

Ziel des Mindestlohns ist es, dass jeder Arbeitnehmer, der in Vollzeit tätig ist, von der durch ihn geleisteten Arbeit auch Leben kann. Die Frage war: Ist dem so? Der Landtagsabgeordnete Dr. Ronald Brachmann und der Landtagskandidat für den Wahlkreis 16, Tobias Kascha informierten sich vor Ort beim Eigenbetrieb Kommunale Beschäftigungsagentur des Landkreises Harz bei Eigenbetriebsleiterin Claudia Langer über die ersten Arbeitsmarktzahlen nach dessen Einführung. Brachmann hatte diese arbeitsmarktpolitischen Dialoge bereits regelmäßig mit Amtsvorgänger Dirk Michelmann durchgeführt und setzte diese Termine nun fort.

 

Claudia Langer informierte, dass zwar momentan die vorläufigen Januarzahlen vorliegen, aber daraus noch nicht valide abschätzbar sei, ob der Mindestlohn die Anzahl der „Aufstocker“ im Bereich SGB II reduziere. Das liege vor allem daran, dass sich die Auswirkungen erst in den nächsten Monaten zeigen werden und dass die Hilfebedürftigkeit familienbezogen, also anhand der gemeldeten Bedarfsgemeinschaften gemessen wird. Die im kommunalen Jobcenter eingesetzte Software erfasst den finanziellen Bedarf der gesamten Familie. Auch wenn der einzelne Vollzeitbeschäftigte durch den Mindestlohn mehr verdient, kann es deshalb durchaus sein, dass der Gesamtbedarf der Familie immer noch nicht vollständig erwirtschaftet werden kann und weiter aufgestockt werden muss.

 

Grundsätzlich konnte sie aber feststellen, dass eine relevante Zunahme von Schwarzarbeit oder Mindestlohn-bedingter Kündigungen nicht zu verzeichnen sei. Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu Beginn des Jahres liege vor, dieser sei aber saisonbedingt. Aktuell waren im Januar 2015 im Landkreis 4724 Arbeitnehmer auf zusätzliche Grundsicherungsleistungen der KoBa angewiesen, was einen leichten Rückgang gegenüber Dezember 2014 ausmache. Man werde nun die Ergebnisse der nächsten 3-4 Monate abwarten und schlüssig auswerten.

 

Brachmann, Kascha und Langer waren sich jedoch einig, dass der Mindestlohn das richtige Instrument sei, um der Subventionierung von zu geringen Löhnen durch den Steuerzahler entgegenwirken zu können.

 

Im Bereich des Bildungs- und Teilhabepakets für Kinder verbessert sich die Annahme durch die Leistungsbezieher zusehends. Durch dauerhafte Werbung und die direkte Ansprache der Eltern wurde im Jahr 2014 eine neue Höchstzahl von 11.500 Anträgen für eine Bezuschussung von Nachhilfe, Sport oder Klassenfahrten u.ä. bewilligt. Tobias Kascha fügte jedoch hinzu, dass viele Eltern das Geld von Seiten der KoBa ausschlagen, da sie innerhalb des Vereins dann mit dem Stigma „Leistungsbezieher“ versehen wären, wenn sie dort eine Bestätigung einholten. Man arbeite jedoch an Lösungen für diese Antragsschwelle, informierte Langer.

 

Einig waren sich die Gesprächsteilnehmer, dass ein geförderter zweiter Arbeitsmarkt weiterhin Sinn mache, da 75 % der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als Langzeitleistungsbezieher länger als 2 Jahre auf die ALG II-Leistungen angewiesen sind. Im Rückgang erreicht der Landkreis Harz zwar Spitzenwerte, aber das Gesamtvolumen ist dennoch immer noch sehr hoch.

 

Auch bei der KoBa mache sich ein Trend bemerkbar: Während Fachkräfte zunehmend fehlten, verfestige sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen, auf deren Vermittlung die Arbeit der KoBa in den kommenden Jahren vermehrt abzielen wird. Es wurde verabredet, sich in einem weiteren Gespräch über die Auswirkungen des Mindestlohnes auf den Arbeitsmarkt zu informieren, sobald die Daten verlässliche Schlussfolgerungen zulassen.

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