von Julia Angelov
Die Mitarbeiter der Harzer Schmalspurbahnen und der Wernigeröder Wohnungsgenossenschaft arbeiten derzeit emsig an tragfähigen Konzepten für die Nutzung des Ochsenteich-Geländes in Wernigerode. Der Stadtrat entscheidet dann, wer den Zuschlag erhält. Eines steht fest: Das Ochsenteichgelände soll sich gravierend verändern. Ob als „Gläserne Werkstatt“ der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) oder altersgerechtes Wohnen im „Vitapark“ der Wernigeröder
Wohnungsgenossenschaft (WWG) und Firma Steinke. Welches Projekt auf der drei Fußballfelder großen Fläche entstehen soll, entscheidet der Stadtrat. Bis die Lokalpolitiker einen Beschluss fassen, arbeiten die Mitarbeiter von WWG und HSB eifrig an tragfähigen Konzepten. Erste konkrete Zahlen sollen die Finanzierbarkeit belegen.
Der Plan der HSB, eine „Gläserne Werkstatt“ mit Panoramacafé zu errichten, wird morgen im Verkehrsausschuss des Landtags beraten. Die Idee: Besucher sollen den Fahrzeugschlossern bei ihrer Arbeit an den historischen Lokomotiven über die Schulter schauen können. Bei vielen Wernigerödern stößt diese Variante auf positive Resonanz, wie eine Umfrage der Volksstimme zeigt (siehe unten). Ihnen ist der touristische Nutzen oft wichtig. WWG-Chef Christian Linde und sein Team sähen statt der „Gläsernen Werkstatt“ lieber einen „Vitapark“ mit Ferienwohnungen, mehreren Arztpraxen, einem Gesundheitszentrum, Geschäften und Wellnesseinrichtungen der Halberstädter Firma Steinke.
Die WWG-Pläne beinhalten auch, das ehemalige, denkmalgeschützte Sägewerk wiederzubeleben. Eine Biomarkthalle, eine Saftbar und ein Café könnten dort Besucher anlocken. Beim SPD-Montagsgespräch haben 30 Teilnehmer angeregt über die Zukunft des Ochsenteichgeländes diskutiert. In der Gesprächsrunde ist neben der „Gläsernen Werkstatt“ auch der „Vitapark“ auf Zuspruch gestoßen, wie Moderator Siegfried Siegel bestätigte. „Die wachsende ältere Bevölkerung möchte im Stadtkern leben. Der Bedarf ist da und wird steigen“, sagt er. Dennoch warnt Siegfried Siegel davor, die Balance zwischen Jung und Alt zu verlieren. Der Sozialdemokrat: „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht das Image einer Seniorenstadt verpassen und sollten auch für junge Familien attraktiv bleiben.“ Der SPD-Stadtrat befasst sich als Lokalpolitiker seit vielen Jahren mit dem Thema Ochsenteich, hat eine dicke Mappe mit Akten und Artikeln angelegt. „Seit 1991 sucht die Verwaltung nach einem Investor“, weiß er. Ideen habe es viele gegeben: Einkaufsarkaden, städtischer Festplatz, grüne Oase, öffentlicher Großparkplatz. Im April 1999 erhielt der Investor „Winlife“ mit seinem Gesundheits- und Erlebnispark-Konzept sogar den Zuschlag vom Stadtrat. Die Umsetzung scheiterte trotz aller Mühen des damaligen Oberbürgermeisters Ludwig Hoffmann (SPD) an der Finanzierung „und an der Tatsache, dass es kein Betreiberkonzept gab“, so Siegel. Der Kaufvertrag wurde rückgängig gemacht.
Der aktuelle Vorstoß von WWG und HSB ist ein Lichtblick nach 20 Jahren Industriebrache im Stadtkern. Für Siegfried Siegel spricht nichts dagegen, HSB und WWG gemeinsam auf dem Ochsenteich unterzubringen. „Ich denke, dass durchaus beide Varianten möglich sind und dennoch genug Grün bleibt. Unüberwindbare Hürden sehe ich nicht“, so das Mitglied im Bau und Umweltausschuss. Bisher war eine gemeinsame Nutzung von beiden Konkurrenten – der Wohnungsgenossenschaft und dem Bahnbetrieb – ausgeschlossen worden. „Gläserne Werkstatt und Café nehmen zwar nicht das gesamte Ochsenteichgelände ein, aber für den WWG-Wohnpark wäre u wenig Platz“, sagt HSB-Sprecherin Heide Baumgärtner auf Volksstimme-Nachfrage. Egal, wie die Entscheidung des Stadtrates ausfällt: der Bebauungsplan von 2000 muss wahrscheinlich überarbeitet werden. Das hätte einen entscheidenden Vorteil. Siegel: „Die Bürger können ihre eigenen Vorschläge und Wünsche einbringen.“
Mit freundlicher Genehmigung der „Harzer Volksstimme“